Sylvatical

Sylvi goes Sabbatical

   Feb 15

Der Ritt auf dem Reissack. Das letzte Abenteuer in Myanmar.

Myanmar. Das Land, in dem die Männer Röcke (Longyi) tragen und Betel kauen, welches dann auf die Straße gespuckt wird und überall rote Flecken hinterlässt. Frauen tragen auch Röcke, kauen aber keine Betelnuss. Dafür tragen sie schöne Thanaka Bemalungen im Gesicht, welches als Schutz und Kosmetik dient. Da muss was dran sein, denn die Frauen sehen toll aus. Myanmar. Das Land, in dem man Knutschgeräusche im Restaurant macht um die Kellner herbei zu rufen. Wir haben es tagelang geübt, aber nicht hinbekommen. 😉 Ein Land, in dem man überall auf der Straße mit einem fröhlichen “Mingalabar” gegrüßt wird. Das sind nur wenige Beispiele, die dieses Land so liebenswert machen. Und das sind nur wenige Beispiele warum wir uns so in dieses Land verliebt haben.
Nun zum letzten Myanmar Kapitel:

Die VIP Busse, die auf den Yangon Strecken fahren, sind echt komfortabel. Große bequeme Sitze, eine Toilette, kuschelige Decken, Kissen und es gibt sogar eine Stewardess, die Snacks und Zahnbürsten verteilt. So konnten wir also die meiste Zeit durchschlafen und kamen pünktlich nach etwas über 12 Stunden morgens um 06:30 Uhr in Yangon an irgendeinem Busbahnhof weit außerhalb des Zentrums an. Gut, dass wir etwas Schlaf hatten, denn nun ging der Trip erst richtig los.

Das erste Rätsel war: Wo zur Hölle sind wir hier eigentlich? Konnte die nette Bus-Stewardess leider auch nicht so richtig beantworten. Wir bekamen durch andere Reisende heraus, dass wir wohl in der Nähe des Flughafens waren. Zweites Rätsel: Wie kommen wir von hier zur Westküste nach Chaungtha? Einiges Durchfragen bei den Taxifahrern ergab: Es fahren Busse von einem anderen Busbahnhof, welcher am anderen Ende der Stadt liegt. Und der letzte Bus für heute würde auch schon bald abfahren. Okay, wir also etwas verhandelt und geschafft uns einen Taxifahrer zu organisieren, der uns in einer kaum zu beschreibenden Art durch den morgendlichen Verkehrswahnsinn Yangons transportierte. Er schaffte es wirklich sich in jede Lücke zu drängeln und schlängeln und uns so in nur knapp 40 Minuten (normalerweise braucht man 1 Std.) zum anderen Busbahnhof zu bringen.

Ab hier beginnt unsere echte “local experience”. Kaum angekommen, wurde das Taxi von Jungs belagert, die keine Ahnung was wollten. Wir glauben, sie versuchen die Taxifahrer dazu zu bewegen bestimmte Bus-Firmen anzufahren. Aber das ist nur eine Vermutung. Hier standen wir also mitten im Keine-Ahnung-Wo und versuchten uns tapfer zu erfragen wo der Bus nach Chaungtha abfährt. Der Taxifahrer war so lieb uns zu helfen. Heute würde wohl kein Bus mehr abfahren, hieß es. Waaaaas?! Och nö!

Bis wir erstmal gecheckt hatten, dass es an dem Tag keinen Direkt-Bus nach Chaungtha mehr gibt, aber trotzdem noch einen Bus nach Pathein, vergingen auch so einige Minuten. Es war leider niemand in der Lage uns das zu erklären. Aber Gott sei Dank hatte ich Garrit vorher mal von Pathein erzählt und er hat es dann zufällig auf einem Schild bei dem Ticketverkauf gelesen. Es ist die drittgrößte Stadt Myanmars und der letzte Ort vor Chaungtha, also der Strand zu dem wir wollten. Da wir nun schon da standen und nicht nach Yangon rein wollten, haben wir beschlossen diesen Bus zu nehmen und von Pathein aus zu sehen wie wir weiter kommen. Es wird ja wohl ein Taxi oder sowas geben.

Der Bus war natürlich nicht so komfortabel wie der VIP Bus 😉 Aber für nur 5-6 Stunden Fahrt würde das reichen. Wir waren die einzigen Touris und fanden das ganz gut so. Wir wurden immer freundlich angelächelt und fühlten uns wohl. Echte Myanmar Art ist, wenn der Bus voll ist, kleine Plastikhocker im Mittelgang aufzustellen und von hinten nach vorne den Bus mit weiteren Passagieren aufzufüllen. Und so stoppt man in regelmäßigen Abständen und es steigen Leute aus und wieder ein, wie in einem Linienbus. Wenn der Bus steht, kommen Frauen ans Fenster und verkaufen Bananen, getrockneten Fisch, Eier und Getränke. Ist doch echt praktisch! 🙂

Gegen 13 Uhr kamen wir in Pathein an. Natürlich wieder im Keine-Ahnung-Wo, aber wie immer waren auch wieder unzählige Taxifahrer parat. Die Belagerung kann für uns Europäer sehr anstrengend sein, aber ich fand es bisher immer sehr praktisch. Wie sonst wären wir jemals aus unserem Keine-Ahnung-Wo raus gekommen?

Also haben wir uns wieder durch gefragt und wieder hieß es: Bus nach Chaungtha Beach fährt von einem anderen Busbahnhof. Warum gibt es hier in jeder Stadt unzählig verschiedene Busbahnhöfe?! Echt schwer zu verstehen, aber Burmesen sind ja hilfsbereit. 🙂 Also haben wir uns zwei Mofa-Taxis geschnappt und zu dem anderen Busbahnhof fahren lassen. Mit Sack und Pack und jeweils zwei Leuten auf so einem Mofa ist schon eine lustige Angelegenheit. Ich habe mich jedenfalls nicht unsicher gefühlt. Die wissen was sie tun, sitzen seit dem Kindesalter auf den Mopeds. Und ich habe hier schon Menschen Dinge darauf transportieren sehen….dafür würde man in Deutschland LKW’s einsetzen. 😀

Wir kamen also an. Aber ein Busbahnhof war es nicht. Es war einfach so mitten in irgendeiner Straße eine winzige Bretterbude an der eine Frau saß und Karten verkaufte sowie ein Bus vor der Tür stand. Ein Bus, sehr alt, der permanent mit irgendwelchen Sachen vollgestopft wurde. Und mittendrin zwei westlich aussehende Menschen, die warteten. Wir setzten uns dazu und siehe da, das ältere Paar war deutschsprachig. Was für eine skurrile Situation. Touristen hätten wir hier so überhaupt nicht erwartet. Aber die beiden waren echt cool. Sie erzählten uns, dass sie vor 15 Jahren schon mal in Myanmar waren und hatten viele tolle Geschichten aus dieser Zeit auf Lager. So war die Warterei auch nicht lang und um 14 Uhr fuhr der Bus pünktlich los.

Da wir die Tickets relativ kurzfristig kauften, waren unsere Sitzplätze ganz hinten. Generell versucht man das hier zu vermeiden, da wie bereits erwähnt, von hinten nach vorne die Busse aufgefüllt werden und es somit komfortabler ist vorne zu sitzen. Hier war es ehrlich gesagt egal, denn der ganze Bus war vollgestopft mit Säcken voller Reis und Dinge, die ich leider nicht kenne. D.h. wir mussten also über diese ganzen Lebensmittel drüber steigen und zu unseren Plätzen kriechen. Und dann saßen wir dort mit den Knien am Kinn, da auch unter den Sitzen überall Reissäcke verstaut waren. 😀

IMG_0776-1.JPGEinmal scharf bremsen = Eimer aufn Kopf 😉

IMG_0777.JPGVorsicht, nicht auf die Eier rechts unten treten

Hinter uns stapelten sich Eimer und Kisten und Garrit schaffte es irgendwie seine Beine über die Säcke in der Mitte auszustrecken. Sein Sitznachbar auf der anderen Seite hatte Mitleid mit ihm. Zumindest glaubten wir das, denn er zeigte auf Garrits Beine und sagte die ganze Zeit was auf Burmesisch. Lustigerweise dachte der auch, dass das andere Pärchen unsere Eltern wären. 😀

IMG_0778.JPGBlick aus dem Bus: Typisches Straßenbild

Ich hoffte auf 1 Stunde Fahrt, aber es waren dann doch fast 3 Stunden, denn der Bus war alt und vollgestopft und er hielt alle paar Kilometer an, damit die Leute Spenden in die Schalen der Frauen am Straßenrand geben konnten. Ich weiß nicht genau was es damit auf sich hat. Aber an fast jeder Ecke stehen Frauen mit silbernen Schalen und klappern damit. Im Hintergrund sitzt ein Mann und sagt etwas über Lautsprecher. Die Einheimischen im Bus werfen manchmal Geld in die Schalen. Der Bus hatte übrigens kein Fensterglas, was es natürlich möglich machte.

IMG_0781.JPGAuf dem Weg von Pathein nach Chaungtha. 3 Stunden Dschungel

Also Alles in Allem eine sehr spannende, aber auch anstrengende Fahrt. Es war ja auch nicht zu vergessen, dass wir seit insgesamt 24 Stunden am Stück (!) unterwegs waren. Gebucht hatten wir in Chaungtha nichts, aber ich hatte am Inle See wenigstens geschafft eine einzige Empfehlung im Netz heraus zu finden. Also liefen wir einfach drauf los und hatten Glück. Wir fanden das Gasthaus und es war ein sauberes gemütliches Zimmer für uns frei. Allerdings hatte man hier nur eiskalte Duschen und Strom gab es auch nur von abends 18 Uhr bis morgens um 6 Uhr. Aber egal 🙂 Wir fühlten uns gut mit unserer echten “local experience”.

Am Chaungtha Beach machen hauptsächlich Einheimische Urlaub. Nur wenige westliche Touristen verirren sich hierher. Das macht es ja so spannend. Die Strände sind teilweise sehr wenig besucht und man findet einsame Strandabschnitte. Ein Traum! Und es ist so ruhig. 🙂 Hier besteht das Strandvergnügen noch aus: mit dem Fahrrad den Strand rauf und runter fahren sowie sich auf alten LKW Reifen auf dem Wasser treiben zu lassen. Keine Jetski, keine Bananen, einfach nur Ruhe.

IMG_0779.JPGEinsame Strände, der wahre Backpacker Traum

Und mitten am einsamen Sandstrand plötzlich ein Schweizer, der uns von weitem ansprach als der hörte, dass wir Deutsch miteinander sprachen. Er erzählte uns, dass er halber Burmese ist und darum viel Zeit in Myanmar verbringt um seine Familie zu besuchen. Seine Begeisterung uns zu treffen war wirklich groß und wir unterhielten uns sehr nett mit ihm. (Wir trafen ihn doch tatsächlich am darauf folgenden Tag noch mal sowie an einer Raststätte auf unserem Weg nach Yangon.)

IMG_0780.JPG

Auf jeden Fall genossen wir die Ruhe wir so sehr, dass wir uns gar nicht vorstellen konnten gleich wieder zurück in den Großstadtdschungel zu müssen. Außerdem war die Anreise doch recht langwierig gewesen. Wir wollten nicht nach 2 Nächten wieder weg, also verlängerten wir spontan um einen Tag. Wir hatten ja ein Stand-by Flugticket, also alles machbar. Ebenso entschieden wir, nicht den Bus morgens um 05:30 Uhr zu nehmen, sondern den Bus um 09:30 Uhr. Wir dachten, naaajaaaa, Yangon ist nur eine Großstadt…was wird da schon so spannend sein? Wir hatten einfach so gar keine Lust auf das Getummel. Also planten wir kaum Zeit dafür ein.

So nahmen wir den späten Bus und kamen ca. 17:30 Uhr in Yangon an. Leider überhaupt nicht dort wo man es uns beim Kauf der Karten versichert hatte, aber nützte ja nix. Im Bus war eine Französin, wir taten uns mit ihr zusammen um ein Taxi zu teilen. Eine Einheimische aus unserem Bus war so lieb uns ein wenig zu helfen, also mit dem Ort wo wir dann letztendlich ausgestiegen waren und sie holte uns sogar ein Taxi und verhandelte den Preis.

Das Hostel in Yangon lag sehr zentral und so waren wir wenigstens mittendrin und konnten noch das Nachtleben Yangons erleben. Und da hat es mich so gepackt! Die Stadt hat so eine besondere Atmosphäre. Ich hätte stundenlang durch die Straßen streifen können und überall mal die kleinen Köstlichkeiten probieren, die an jeder Ecke gebraten, geröstet, gedämpft und gekocht werden. In einer dunklen Seitenstraße saß eine große Gruppe junger Männer. In vielen Großstädten hätte ich die Straßenseite gewechselt oder wäre umgedreht aus Sicherheitsgründen. Hier machte ich mir nicht eine Sekunde Gedanken darüber, hier geht man mittendurch und es wird einem zugewunken und freundlich gegrüßt. Mingalabar 🙂

Vom Hostel hatten wir die Empfehlung eines Nudelrestaurants. Wir sind der Empfehlung gefolgt und es war eine wirklich ganz kleine Bude. Aber die traditionellen Shan-Nudeln waren soooo lecker und die Gastfreundschaft wieder mal überragend. So bekamen wir ständig unseren Tee nachgefüllt und man stellte uns einige kleine süße Sachen zum Probieren auf den Tisch. Der Chefin war es eine pure Freude ihren Gästen einheimische Köstlichkeiten näher zu bringen. Und wer noch mal sagt Myanmar sei teuer, also essen kann man hier sehr gut zu lächerlich geringen Preisen.

Am nächsten Morgen sind wir dann noch zur berühmten Shwedagon Pagode. Die ist das absolute Muss. Fast 100 Meter hoch und 2500 Jahre alt, ist es doch eine recht beeindruckende Pagode, auch wenn man nach Bagan fast schon keine Lust mehr hat Pagoden zu sehen. 😉

IMG_0782.JPGShwedagon Pagode

Tja, und so teilten wir uns danach zum letzten Mal ein Taxi um zum Flughafen zu kommen. Wir verließen Myanmar mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Das lachende aber nicht, weil wir irgendwie froh waren das Land zu verlassen. Im Gegenteil! Das Myanmar Fieber hatte uns so richtig gepackt, wir wollten am liebsten gar nicht mehr weg (darum das weinende Auge). Wir haben einfach so viel positives aus diesem Land mitgenommen. Die gute Laune der Burmesen ist echt ansteckend. 🙂

IMG_0783.JPGGoldener Flughafen Yangon

Fazit: es wird ein nächstes Mal geben und dann werden wir unser Visum vollständig nutzen und 28 Tage bleiben. 🙂

IMG_0784.JPGGoodbye Yangon. Goodbye Myanmar.

Es grüßt,
die Sylvi

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2 Comments

  1. Di says:

    Beim Durchsehen der Fotos durchläuft einen ein wohliger Wärmeschauer…
    ist so ganz anders, als wenn man hier vor die Tür geht 😉
    Also: packt viel Sonne ein!

  2. Sylvi says:

    Wir schmeißen unsere Sachen aus den Rucksäcken und packen dafür so viel Sonne wie möglich ein 🙂 Aber es freut mich, wenn schon Bilder gucken hilft. Da kann ich noch mal nachlegen 🙂

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