Sylvatical

Sylvi goes Sabbatical

   Feb 08

Von einbeinigen Fischern…

Was ich am individuellen Reisen so sehr mag? Das man mit dem Kopf voller Dinge, die noch zu erledigen sind, morgens aus dem Haus geht um nach nur wenigen Schritten alles übern Haufen zu werfen und etwas völlig anderes zu tun als geplant. So geschehen an unserem ersten Morgen am Inle See.

Nach einer für Myanmar Verhältnisse kurzen Busfahrt von 8 Stunden sind wir am späten Nachmittag in Nyaung Shwe angekommen. Der Ort ist nicht sehr groß, darum konnten wir zu Fuß zu unserem Hostel gehen. Diesmal folgten wir einer Empfehlung, die wir auf einer kleinen Pagode in Bagan von einem Schweizer Pärchen bekommen hatten. Gleich am Eingang saßen Gäste, die uns einfach nur mit den Worten “This place is amazing” begrüßten. Ja, und wieder mal ein nettes Gästehaus mit einer äußerst liebenswerten “Mutter”. Sie sprach nicht so gut Englisch, aber das war egal. Sie verstand sehr gut und ihre Art war so herzlich, ich hätte sie die ganze Zeit knuddeln können.

Und auch wenns langsam langweilig wird: das Frühstück war mal wieder der Knaller. 😀 Die Hostel-Mama war sehr stolz darauf uns einheimisches Frühstück näher zu bringen. Es war super lecker, wenn auch etwas gewöhnungsbedürftig, eine solch dicke Nudelsuppe mit viel Chilli morgens zu verdrücken. Die Portion war riesig. Und es gab natürlich auch Früchte und Gebäck. Ich frage mich langsam wie ich meine Myanmar-Pfunde wieder loswerde?

IMG_0765.JPGNudelsuppe mit Sticky Rice

Aber mal was anderes als Essen. Wir reisen ja ohne Reiseführer. Machen uns also vorher recht wenig Gedanken darüber was genau wir unternehmen wollen vor Ort. Vom Inle See hörten wir, dass man klassischerweise eine Bootstour unternimmt. Allerdings hieß es überall, dass diese einen durch diverse Shops jagen, da die Bootsfahrer gute Provisionen bekommen. Klar, macht Sinn. Wollten wir aber nicht! 😉

IMG_0760.JPGSpontanes Bootfahren ist doch das Beste

Also haben wir überlegt, ob man vielleicht ein Boot als Taxi mieten könnte. War aber erstmal nur so eine Idee. Unser Plan für den ersten Morgen war: Bustickets nach Yangon kaufen, unsere Weiterreise zur Westküste Myanmars planen, Unterkünfte recherchieren, ein paar Kleinigkeiten einkaufen und dann auf die Suche nach Mountainbikes gehen um etwas die Gegend zu erkunden.

Also haben wir hochmotiviert einen Fuß vor die Tür gesetzt, in den Köpfen die Liste, und…wurden direkt von einem Bootsfahrer angequatscht. Hm, also einfach mal spontan die Taxi-Idee ausgepackt und tatsächlich, er hat sich darauf eingelassen und wir haben sogar einen guten Preis ausgehandelt. Er fragte zwar zwei mal ganz vorsichtig, ob wir wirklich keine Shops wollen, aber dann war die Sache auch gegessen. Und unsere To-Do Liste auch. 🙂 Warum nicht einfach mal spontan Boot fahren?

Garrit hatte zufällig kurz vorher im Netz von einem Ort gelesen, wo Burmesische Katzen gezüchtet werden um sie wieder in ihrer Heimat anzusiedeln (mehr dazu später). Angeblich könne man da mit den Katzen spielen. Da schlug natürlich das Katzenliebhaber-Herz gleich höher und wir fragten unseren Bootsfahrer, ob er uns zu diesem Ort bringen kann. Sehr viel wussten wir nicht darüber, aber es macht ja auch mehr Spaß sich mal überraschen zu lassen.

Da es am südlichen Ende des Inle liegt, hatten wir damit auch gleichzeitig eine echt nette Fahrt von ca. 1-1,5 Std. über den See. Auf dem See sieht man überall die berühmten Einbeinruderer. Das sind Fischer, die ein Ruder geschickt in einem Bein einklemmen und damit ihr Boot bewegen, während sie beide Hände frei haben um die Netze auszuwerfen und einzuholen. Eine sehr irre Angelegenheit. Am nördlichen Bereich des Sees gibt es auch Fischer, die extra spektakuläre Kunststücke vollführen, wenn Touristen vorbei kommen. Allerdings war ich in dem Augenblick so überrascht und beeindruckt, dass ich vergessen habe ein Foto zu machen. 😉

IMG_0761.JPGEinbeinruderer

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Als wir dann an unserem Überraschungsort ankamen, waren wir gleich weiter am Staunen. Denn das Katzenhaus “Inthar Heritage House” stellte sich als ein unglaublich großes und super schön angelegtes Gebäudekomplex heraus. Wer mehr dazu wissen möchte: www.intharheritagehouse.com

IMG_0763.JPGInthar Heritage House

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Da die Burmesische Katze in ihrer Heimat ausgestorben war, wurde sie aus England und Australien wieder eingeführt und an diesem Ort wieder gezüchtet um sie wieder zurück in ihre Heimat zu bringen. Im Inthar leben ca. 40 Katzen. Sie haben einen sehr großen Bereich zum Spielen und Schlafen und als Besucher darf man tatsächlich zu ihnen und mit ihnen spielen. Und man merkt ihnen an, dass sie sich pudelwohl fühlen.
Die Burma Katze war früher Tempelkatze der Mönche und gilt daher als heilig.

IMG_0764.JPGGleiche Fellfarbe = beste Freunde

IMG_0766.JPGBurmesische Schönheiten beim Mittagsschlaf

Nachdem wir uns dann von den Katzen trennten ging es wieder zurück. Als nettes Bonbon fuhr unser Bootsfahrer uns durch ein “floating village”. Ein Dorf mitten im See, mit ganz normalem Dorfleben. Frauen waschen Wäsche, Familien sitzen zusammen beim Mittagessen, Kinder spielen…nur mit dem Unterschied, dass sie immer ein Boot brauchen um zum Nachbarn zu kommen. 🙂

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Einige Stunden und eine wundervolle Bootsfahrt später hatten wir trotzdem noch genug Zeit uns um unsere Liste zu kümmern und einige Dinge zu erledigen. Auf der Suche nach Mountainbikes (Garrit wollte ja unbedingt diesmal anständige Fahrräder 😉 trafen wir auf einen sehr netten jungen Mann, der selbst Fahrräder verlieh und auch Bustickets nach Yangon verkaufte, aber uns dennoch nichts aufschwatzte, sondern mit uns zusammen seine Kollegen abklapperte bis wir tolle Mountainbikes gefunden hatten und auch Bustickets für einen Nachtbus nach Yangon. Er empfahl uns eine bestimmte Busgesellschaft, die er leider nicht verkauft, aber für die beste hält. Ich frage mich wie er sein Geld verdient 😉

Damit war immerhin schon einiges erledigt und auf die Recherche wie wir von Yangon weiter kommen verzichteten wir, weil wir keine Lust hatten in dem langsamen Internet irgendwas zu recherchieren. Wird schon irgendwie alles klappen. Ich hatte mir anfangs in den Kopf gesetzt, dass ich zum Schluss noch mal an die Westküste Myanmars möchte, da es dort angeblich noch einsame Strände gibt. Alles was ich in Erfahrung bringen konnte war ein Ort, der mit einem Bus von Yangon aus gut erreichbar wäre. Das muss reichen.

Also holten wir uns am nächsten Morgen die Räder ab und trafen dabei wieder auf den netten jungen Mann. Er lud uns ein bei ihm vorbei zu schauen und dann bekamen wir eine kostenlose Beratung der besten Fahrradstrecken inklusive einer kleinen Karte. Wie sich heraus stellte, ist er hauptsächlich Tourguide und organisiert mehrtägige Wanderungen in die umliegenden Dörfer und Berge. Gut zu wissen für das nächste Mal. 🙂

Nun hatten wir also auch eine Route parat. Er gab uns den Tipp entlang der Westseite des Sees zu einem Dorf zu fahren und von dort aus ein Boot auf die andere Seite zu nehmen und dort wieder zurück zu fahren. Bevor es losging machten wir noch einen kurzen Stopp auf dem großen Markt um eine Leckerei zu besorgen, die wir in unserem Hostel kennengelernt haben. Eine Knabberei aus Kichererbsen, genannt Ma Har Kyaw. Die Hostelmama hatte es mir auch auf burmesisch aufgeschrieben und so gingen wir mit dem Zettel in der Hand über den Markt und fragten uns durch. Das löste jedesmal ganz große Freude aus und wir wurden einige Male über den Markt geschickt bis wir endlich zu der richtigen Frau kamen, die Ma Har Kyaw aus einer riesigen Pfanne in kleine Tüten schaufelt und verkauft. Bei dieser Frau war ich mir nicht sicher, ob sie sich mehr darüber freute, dass wir bei ihr lokale Spezialiäten kaufen oder das wir überhaupt bei ihr einkaufen. Immer wieder zeigte sie auf meine Arme und rief ihre Kolleginnen zusammen um wieder auf meine Arme zu zeigen, sie fasste sogar meine Arme an, als hätte sie noch niemals vorher soetwas gesehen. 😀 Tja, in Myanmar kann sogar ein kleiner Einkauf ein großes Erlebnis werden. 🙂

IMG_0772.JPGMa Har Kyaw

Um zwei große Tüten Ma Har Kyaw schwerer strampelten wir also los und ich wollte bereits nach wenigen Metern meinen Kampf mit dem Mountainbike aufgeben. Bin aber sehr froh es nicht getan zu haben, denn die Tour war super. Kurz vor dem Dorf sprachen uns bereits die ersten Männer an, ob wir eine Fähre zur anderen Seite bräuchten. Da wäre wohl die Ablegestelle. Aber wir wollen ja nie was alle andere tun, also sind wir einfach ein wenig weiter ins Dorf hinein gefahren.

Irgendwann standen wir mitten im Dorf an einem Ufer, aber es ging nicht so richtig weiter. Während wir besprachen was wir jetzt machen, kam ein Mann auf uns zu und fragte, ob wir Hilfe bräuchten. Wir erklärten, dass wir ein Boot möchten. Nach kurzer Rücksprache haben wir uns geeinigt und bekamen einen privaten Fahrservice. Das Boot hatte kurz zuvor noch schwere Ölfässer transportiert. Die Männer waren gerade noch dabei das letzte Fass aus dem Boot zu holen. Schwerstarbeit! Hier gibt es keine Kräne oder sonstige Hilfsmittel.

In bekannt unkomplizierter Myanmar-Art wurde dann eine große saubere Matte geholt und im Boot ausgelegt, unsere Räder eingeladen und dann konnten wir es uns bequem machen. So hatten wir einen Transfer fernab aller schicken Touri-Boote und genossen die Aussicht lang auf der Matte liegend. 🙂

IMG_0770.JPGPrivate Transfer

Zurück im Hostel durften wir dann noch mal duschen und bekamen Tee und Snacks, obwohl wir eigentlich schon ausgecheckt hatten. Und dann ging es auch schon mit dem Nachtbus nach Yangon. Wir hatten uns diesmal einen VIP Bus gegönnt. War ein bißchen teuerer, aber für 12 Stunden Fahrt wollten wir wenigstens etwas Komfort, damit wir auch Schlaf kriegen.

So neigen sich die Tage in Myanmar auch schon dem Ende zu!

Es grüßt,
die Sylvi

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